Dies ist eine wichtige architektonische und städtebauliche Anforderung, insbesondere falls die Südseite des Stadions zur Finanzierung des Gesamtprojekts hauptsächlich sportfremde Nutzungen beherbergen soll. In früheren Neubauprojekten lag die eigentliche Sportstätte versteckt unter Glasdächern hinter einem Bürohaus mit einer völlig anderen Architektursprache. Stadion und Drittnutzung waren als gegensätzliche Körper ausgebildet.
Hier wird ein neues Selbstverständnis angestrebt: als zusammenhängende Architektur – gleich einem grossen Gefäss – tritt das neue Stadion in eine gleichwertige aussenräumliche Beziehung mit den benachbarten Sportstätten des Ortes, insbesondere mit der gegenüberliegenden grossen Sporthalle.
Das neue Stadion wird so zum städtebaulichen Element mit starker integrativer Symbolwirkung an dieser wichtigen Schnittstelle der beiden Basler Halbkantone.
Das vorliegende Basisprojekt ist ein Neubauprojekt, das die bestehende Südtribüne aus den 50er Jahren regelrecht in sich einverleibt. Der Querschnitt dieser Tribüne wird Modell für alle übrigen, nun ringsum gleichen Zuschauerrampen. Es entsteht eine Fussballarena mit einer starken räumlichen Ausstrahlung, welche das Publikum und die Spieler gleichermassen zu faszinieren vermag. Dazu sind allerdings einige wichtige architektonische Eigenschaften zu berücksichtigen, die im Stadionbau der letzten Jahre in Vergessenheit geraten sind.
Vor allem im Anschluss an die Olympiade von 1972 in München sind bei den Architekten Glasdächer beliebt geworden, eine Mode, welche sich bis heute verheerend auf zahlreiche neue Stadien ausgewirkt hat. Das Dach eines Fussballstadions sollte nicht gläsern und transparent sein, dass die Zuschauer sich sozusagen wie im Freien fühlen oder ausgestellt wie in einem Treibhaus. Es soll im Gegenteil ein Gefühl von Schutz und Geborgenheit, den Eindruck eines Innenraums vermitteln. Dazu ist ein geschlossenes, solides Tribünendach wie bei der heutigen Tribüne Voraussetzung. Im Neubauprojekt ist das Dach ausserdem leicht nach vorne, zum Spielfeldrand hin geneigt, um diese räumliche Wirkung zu verstärken, wie man sie auch in englischen Stadien antrifft, wo ein Stadion seit jeher mit einer Heimstätte gleichgesetzt wird. ( Ein besonders schönes englisches Beispiel für ein geneigtes Tribünendach ist das Dach des Central Court von Wimbledon).
Die äussere Hülle des Basisprojekts zeichnet sich durch unterschiedliche Oberflächenqualitäten aus, die den jeweiligen Bedürfnissen der dahinterliegenden Nutzflächen angepasst sind: Büros, VIP Räume, Restaurant oder einfache Erschliessungszonen oder Cateringstände. Diese unterschiedlichen Oberflächen sind meist Verglasungen in verschiedenen Behandlungsarten und Farben. Damit trotz dieser unterschiedlichen Benutzeroberflächen ein einheitliches Bild entsteht – eine Art Erkennungs- und Identifikationsmerkmal für das neue St.Jakob Stadion – ist die äussere Stützenreihe in der Art eines umlaufenden Gitterwerks entwickelt, wie ein Korb aus schräggestellten Betonpfeilern. Das sich daraus ergebende Bild unterstützt die Geschlossenheit und Einheitlichkeit der Gesamtanlage, auch wenn sich dahinter unterschiedliche Nutzungen befinden oder gewisse Teilpartien (noch) gar nicht ausgebaut sind. Der Vollausbau des Basisprojekts ist in der sogenannten Basisvariante Plus grafisch und rechnerisch erfasst. Hier werden Flächen für Drittnutzer ausgewiesen, welche sich im südlichen, westlichen und östlichen Tribünenbau mit geringen baulichen Mehraufwendungen ergeben und dadurch die Investitionskosten für die reine Sportstätte zu senken vermögen.
Ein Abbruch der bestehenden Südtribüne gestattet es, den vorhandenen Bauplatz innerhalb der geltenden Baulinien für kommerzielle Nutzungen oder als Landreserve für spätere Zeiten besser auszunützen. Die architektonischen und städtebaulichen Überlegungen, welche hier anhand des Basisprojekts angestellt wurden, gelten auch für ein vollständiges Neubauprojekt. Wichtig ist dann wie eingangs erwähnt die architektonische Verschmelzung von Hochbau und Stadion zu einem überzeugenden Ganzen, das für diesen Ort geschaffen ist und diesen Ort in einem positiven Sinne zu prägen vermag: ein Ort mit einer integrativen Wirkung für die ganze Region.
Herzog & de Meuron, 1996