Aus dieser heute isolierten und dem Publikum verschlossenen Insel soll ein durchlässiges, städtisches Geviert werden, mit einem eigenständigen städtebaulichen und architektonischen Ausdruck.
Dieses neue Geviert Schällemätteli soll eingebunden werden in eine kettenartige Abfolge von Grünräumen entlang der ehemaligen Stadtbefestigung. Wie überdimensionierte Gehplatten in der Stadt führen diese Grünräume von Ort zu Ort: vom Petersplatz über den Spitalgarten, dem neuen Schällemätteli und dem St. Johann-Platz zum Rhein.
Das neue Geviert Schällemätteli soll von ganz unterschiedlichen Bautypologien geprägt sein. Auf diese Weise soll eine heterogene und vielfältige Quartierstruktur entstehen, welche differenziertes urbanes Leben fördert und verschiedene Nutzungen ermöglicht. Dazu werden bestehende und neue Bautypologien eingesetzt: Randbebauung wie im umliegenden Wohnquartier, grossfigurige Baukörper wie die grossen Schulhäuser St. Johann und Vogesenschule oder der kreuzförmige Gefängnisbau, und dann natürlich die grossmassstäblichen Gebäudetypen wie das Kantonsspital und das Biozentrum, welche dem Quartier einen grossstädtischen Akzent verleihen. Diese werden örtlich durch Punkthäuser ergänzt, einzelne schlanke, hohe Häuser (wie in San Gimignano), aus einer niedrigeren Baustruktur aufragend. Dazu kommen zahlreiche, kleinere Häuser, die in ihrer Kleinkörnigkeit den Massstab der Grossvolumina brechen (Bsp. Rue des Suisses, Paris).
Das neue Geviert Schällemätteli wird von Mauern und einer niedrigen, ca. dreigeschossigen Randbebauung als Raum gefasst. Die bestehende Gefängnismauer entlang der Spitalstrasse wird darin integriert, verschiedene grosse Öffnungen brechen weite Durchgänge in das Geviert oder Fenster geben Einblicke ins Innere des Quartiers frei.
Diese Durchgänge und Durchblicke sind ein zentrales städtebauliches Charakteristikum des neuen Gevierts, welches Anbindung und Durchlässigkeit anstrebt im Gegensatz zur früheren städtebaulichen Konzeption, wo Forschungsinstitute und Uninutzungen als abgeschlossene und unzugängliche Areale geplant wurden, in denen sich abends und am Wochenende häufig kaum eine Menschenseele aufhält.
Besonders die Spitalstrasse hat ein Potenzial für eine lebendige Urbanität, welche durch unser Projekt gefördert werden soll: entlang dieser Ader zur Innenstadt mischen sich urbane Nutzungen wie Läden, Cafés, Restaurants auf Strassenniveau. Vielleicht kann gar die heutige historische Gefängnismauer, mit grosszügigen Öffnungen und Durchbrüchen versehen, stehen bleiben. Auch die Schanzenstrasse in ihrer Funktion als Cityring soll ein neues städtebauliches Bild bekommen: das Geviert öffnet sich hier räumlich visuell zur Stadt als eine städtische, öffentliche, grossräumige Einheit. Die Klingelbergstrasse und Pestalozzistrasse bilden beruhigte Querverbindungen zum Gegenüber der Wohnbebauung und der benachbarten Uni- und Schulhäuser.
Das Gefängnis soll die Kernzelle eines neuen Quartierzentrums werden. Als Restaurant und Hotel nach dem Vorbild „Au Violon“ in Basel umgenutzt, könnte es auch auswärtige Gäste anziehen und so zur gewünschten Lebendigkeit beitragen.
Das Geviert stellt als Ganzes einen durchlässigen, begehbaren, öffentlichen Grünraum dar. Zusammenhängende engere und weitere Aussenräume durchziehen das Geviert, wo sich Spielzonen, ruhigere Orte und gartenähnliche Flecken finden. Die bestehenden Bäume bleiben erhalten und werden nun auch von aussen in ihrer ganzen Grösse sichtbar.
Die besondere architektonische Herausforderung ist neu die Entwicklung von hybriden Bautypen, welche auf zwei bis drei Ebenen Raum für universitäre Nutzungen (Medizinische Forschung und Berufsschule im Gesundheitswesen, Life Sciences) anbieten und darüber Wohnraum in kleinen Häusern, Lofts, etc. für Studenten, Dozenten und übrige Quartierbewohner. So entsteht eine Dachlandschaft, d.h. eine Art „Wohnkruste“ aus Häusern und Gärten, die als Modell zur Revitalisierung von monofunktionellen Stadtarealen auch an anderen Orten der Stadt weiterentwickelt werden kann.
Herzog & de Meuron, 2000