Unser Vorschlag setzt das neue ZZM ins Zentrum der Anlage. Dessen polygonale Form ĂŒbernimmt die entsprechende geometrische Anordnung der historischen GebĂ€ude. Als sei es schon immer so gewesen. Jedes einzelne dieser GebĂ€ude gewinnt seine Autonomie zurĂŒck, seine Schönheit. Das gilt fĂŒr das neue ZZM ebenso wie alle geschĂŒtzten, und sogar nicht geschĂŒtzten Bauten. Einige davon können bestehen bleiben, ja es braucht sie in einer Stadt, die wĂ€chst und dabei viel alte Bausubstanz verdrĂ€ngt.
UrbanitĂ€t und LebensqualitĂ€t entstehen durch Nutzungsdurchmischung. Wenn hier auch Menschen wohnen, wird das GrundstĂŒck am Tag und in der Nacht belebt; und es verbindet sich besser mit der Umgebung, als wenn es wieder nur einer institutionellen Nutzung dient. Das Projekt kann ein Modellfall werden fĂŒr die Kombination aus Verdichtung, FunktionalitĂ€t und Ăkologie bei gleichzeitiger RĂŒcksicht gegenĂŒber der spezifischen, historischen QualitĂ€t eines Ortes.
Ein neues Haus fĂŒr die Begegnung zwischen Arzt und Patient
Der zentrale, fĂŒnfeckige Bau ist das HerzstĂŒck des ZZM. Seine Form strahlt auf die bestehenden Bauten aus und bindet sie gleichzeitig ein. In fĂŒnf Sockel- und zwei Dachgeschosse gegliedert, fĂŒgt sich der Baukörper trotz betrĂ€chtlicher Grösse gut in die Umgebung ein.
Das neue ZZM ist ein Holzbau mit 100 identisch ausgestatteten BehandlungsrĂ€umen. Von jedem «Stuhl» aus hat man Ausblick in die Natur, in den Park. Wir schlagen vor, die BehandlungsrĂ€ume in Richtung See zu orientieren. Die den Kliniken zugeordneten BĂŒros liegen mit Blickbeziehung zu anderen Mitarbeitenden am oberen Garten. Die Studierendenklinik siedelt sich in den beiden kleineren, oberen Attika-Geschossen an. FĂŒr sie werden SĂ€le mit Behandlungsnischen geschaffen, im unteren Geschoss mit Zugang auf Terrassen.
Das GebĂ€ude ist in seiner Struktur so flexibel, dass BehandlungsrĂ€ume und BĂŒros beliebig ausgetauscht werden können. Auf die Entwicklung, dass die Kliniken je nach Bedarf wachsen und schrumpfen, kann bauseitig rasch und mit geringem Aufwand reagiert werden.
In der GebĂ€udemitte versorgt ein kaleidoskopischer, nach oben geöffneter Hohlraum WarterĂ€ume fĂŒr Patienten und Besprechungszonen mit Tageslicht. Der Eingang des «Patientenhauses» liegt unmittelbar neben demjenigen der ehemaligen Poliklinik. Im Erdgeschoss befinden sich Empfang und Cafeteria, aber auch der Phantomsaal fĂŒr die Studierenden. Patienten kommen wĂ€hrend ihrer Behandlungen auch mit der Ausbildung in Kontakt. Lehre und Praxis sind benachbart. Die aussergewöhnliche SerialitĂ€t des Raumprogramms zeigt sich im repetitiven Fassadenraster mit identischen, grossen Fenstern. Ein tiefes horizontales Brett vor den Fenstern reduziert die Einsicht in die RĂ€ume. NatĂŒrliche BelĂŒftung erfolgt ĂŒber LĂŒftungsklappen. Leicht ausgestellte Metallrahmen fĂŒhren Stoff-Markisen zur Beschattung. Diese Metallstruktur verleiht dem GebĂ€ude eine feine Eleganz und im Sommer zusĂ€tzlich Leichtigkeit und Offenheit: Das Haus atmet.
Die Infrastruktur der Klinik wird als integraler Bestandteil der Architektur aufgefasst. Aus dem ersten Untergeschoss versorgt die Sterilisation die BehandlungsrĂ€ume direkt und effizient. Zweigeschossige Bereiche und Lichthöfe an der Fassade sorgen fĂŒr Tageslicht; gleichzeitig erhalten Passanten Einblick in diese absolut zentrale Funktion der Klinik.
Die historischen GebÀude. Lehren und Lernen in der Poliklinik (1938)
Die denkmalgeschĂŒtzte ehemalige Poliklinik von Otto Rudolf Salvisberg aus dem Jahr 1938 wird zum Ort der Lehre am Zahnmedizinischen Institut.
Die ehemalige Poliklinik von Otto Rudolf Salvisberg (1938) nimmt grosse Teile der Lehre und der Administration auf. Im reprĂ€sentativen 1. Obergeschoss mit seinen grosszĂŒgigen Raumhöhen und der Anbindung an das Auditorium, befinden sich die BĂŒros der Professoren. Im 2. Obergeschoss kommt die Verwaltung der Klinik zu liegen und im Dachgeschoss, etwas abgeschiedener, mit Bezug zur Dachterrasse, befindet sich das Lernzentrum der Studenten. Wie schon in der ursprĂŒnglichen GebĂ€udekonzeption, profitieren die unterschiedlichen Nutzer auch hier von den rĂ€umlich getrennten ZugĂ€ngen und der klaren Organisation der Wege.
Der bestehende, eindrĂŒcklich steile Hörsaal wird durch einen zweiten Hörsaal ergĂ€nzt, der direkt daneben liegt. In unmittelbarer NĂ€he dazu werden die SeminarrĂ€ume angebaut. HörsĂ€le und SeminarrĂ€ume werden ĂŒber ein neues, gemeinsames Foyer erschlossen, das behutsam in die bestehenden Strukturen eingefĂŒgt wird.
Die Nordfassade, und damit auch der Zugang zum historischen Hörsaal, wird in seinen Originalzustand zurĂŒckversetzt. Auf diese Weise wird das GebĂ€ude in Fortsetzung der Ăffnung Richtung Garten wieder konsequent in einem Bezug zum Quartier gesetzt.
BĂŒropool im ehemaligen Schwesternhaus (1933)
Das ehemalige Schwesternhaus von Richard von Muralt / O.R. Salvisberg, das zwischen 1931 und 1933 gebaut wurde, eignet sich fĂŒr den BĂŒropool und kann unseres Erachtens erhalten werden. Um alle erforderlichen FlĂ€chen unterzubringen bedarf es der Erweiterung um ein Geschoss.
Um ein Stockwerk erweitert, nimmt das ehemalige Schwesternhaus alle geforderten FlĂ€chen des BĂŒropools auf. Hier befinden sich die bereichsĂŒbergreifenden BĂŒros fĂŒr Forschung, Klinik, Lehre mit Ihren BesprechungsrĂ€umen. Im EG ist ausserdem das Sekretariat der Labore untergebracht. Aufgrund der historischen Zellenstruktur eignet es sich hervorragend fĂŒr EinzelbĂŒros, bietet auf der anderen Seite aber auch RĂ€umlichkeiten fĂŒr zeitgemĂ€sse «multi-space» oder «open-plan» offices.
Potential fĂŒr die Erhaltung weiterer bestehender GebĂ€ude
Die stĂ€dtebauliche Gesamtanlage wĂŒrde es erlauben, eine grössere Anzahl bestehender GebĂ€ude zu erhalten, als dies in der Ausschreibung des Wettbewerbs fĂŒr das neue ZZM gefordert wird, und trotzdem sehr viel neue GrĂŒnflĂ€che zu schaffen. Unsere Anregungen zeigen am Beispiel des Spiegelhof das Potential auf, die Lebensdauer einiger GebĂ€ude zu verlĂ€ngern.
Es wĂ€re eine Chance, im Rahmen des Neubaus fĂŒr das ZZM noch verantwortungsvoller mit Ressourcen umzugehen, das GrundstĂŒck intensiver zu nutzen und gleichzeitig eine gesunde Durchmischung von Arbeiten und Wohnen, von Tag- und NachtaktivitĂ€ten mitten in diesem Wohngebiet zu erreichen. Als Format fĂŒr den Prozess, die Interessen zwischen mehr Freiraum oder mehr Nutzung abzuwĂ€gen, ist eine Diskussion zwischen und mit allen Beteiligten notwendig und kann nur in diesem Rahmen getroffen werden. Das heutige Labor, als ehemals neue Poliklinik (1890) errichtet und seitdem mehrfach umgebaut, könnte mit seiner MasstĂ€blichkeit und Platzierung vis-Ă -vis des Hauptzugangs zum ZZM der stĂ€dtebaulichen Gesamtanlage helfen, den Park rahmen wie es die GebĂ€ude am oberen Garten auch tun. Die Frage nach einer angemessenen Nutzung mĂŒsste auf Grundlage von Planmaterial geprĂŒft werden, das bei Abgabe des Wettbewerbs nicht vorlag. Es könnte in Betracht gezogen werden, das Bettenhaus (1969) zur HĂ€lfte zu erhalten und fĂŒr Wohnungen zu nutzen. Dieses Szenario wurde bereits in der Machbarkeitsstudie geprĂŒft. So verkleinert und proportional redimensioniert wĂŒrde es zu einem ganz neuen GebĂ€udetypus und hĂ€tte eine fĂŒr den unteren Garten vertrĂ€gliche GebĂ€udegrösse.
Laboratorien fĂŒr die Forschung
Entlang der «Gasse» hinter dem Patientenhaus, an der topografischen Kante zwischen oberem und unterem Garten, reihen sich die Laboratorien auf zwei Stockwerken aneinander. Die Forscher am neuen ZZM verfĂŒgen ĂŒber eine eigene Adresse und einen eigenen Zugang in unmittelbarer NĂ€he zu den Mitarbeitenden in den Kliniken.
Die Labore sind grossflĂ€chig verglast. Sie gewĂ€hren Ausblick zum KlinikgebĂ€ude und in den Garten. Man betritt dieses GebĂ€ude von der Gasse her auf zwei unterschiedliche Weisen. Entweder, nachdem man â zu Fuss oder auf dem Velo â die Cafeteria oder den Phantomsaal im Erdgeschoss passiert hat, oder vom oberen Garten her, wo fĂŒr die Labore ein Eingangspavillon geschaffen wurde. Die rĂ€umliche Organisation der Labore ist seriell und flexibel, das Betontragwerk einfach, die Raumhöhen grosszĂŒgig. Bei schlechtem Wetter gelangt man ĂŒberdacht zu allen anderen Funktionseinheiten des neuen ZZM.
Die Entscheidung, die Laboratorien unter dem oberen Garten zu platzieren und fĂŒr deren grosszĂŒgige Belichtung diese topografische Kante, die âGasseâ, auszubilden, hat SchlĂŒsselfunktion fĂŒr die Klarheit der stĂ€dtebaulichen Anlage. Diese Lösung erlaubt das KlinikgebĂ€ude als eindeutig lesbare Typologie ebenerdig in den Park zu stellen. Das gesamte oberirdische Volumen des neuen ZZM wird quartiervertrĂ€glich reduziert. Durch die Verlagerung eines grossen Volumens entsteht im Umkehrschluss mehr FreiflĂ€che, mehr Garten fĂŒr Alle. Die Forschenden, die Hauptnutzer, erhalten eine eigene attraktive Adresse, in direktem Vis-Ă -Vis zu den Kliniken.
Ein neuer Garten fĂŒr Hottinge. Die gepflanzte IdentitĂ€t des Quartiers: Ein Arboretum
Stadtvillen aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert mit grosszĂŒgigen, privaten Gartenanlagen bestimmen den Charakter von ZĂŒrich Hottingen als Quartier. Die vielen kleinen, nach Eigentum voneinander abgegrenzten GĂ€rten wirken in der Gesamtheit wie ein grosser Park, in welchem BĂ€ume in lockeren Gruppen in WiesenflĂ€chen stehen oder sich zu rahmenden Gehölzgruppen fĂŒgen. Dabei handelt sich um mĂ€chtige Zedern, MammutbĂ€ume, Linden und Blutbuchen, um einen gewachsenen Baumbestand, dessen Kennzeichen grosse Artenvielfalt ist. Diese Baumsammlung erscheint wie ein Arboretum â nicht im wissenschaftlichen Sinne, sondern als reprĂ€sentative Manifestation eines aufgeklĂ€rten BĂŒrgertums, welches daran interessiert war, neue Pflanzenarten aus unterschiedlichen Kulturen in die privat angelegten und kultivierten GĂ€rten zu integrieren.
FĂŒr das Areal des neuen ZZM schaffen wir eine Lösung, die diesem Charakter auf zeitgenössische Weise entspricht. Dem liegt der Anspruch zugrunde, den Neubau und dessen Garten mit im Quartier bekannten Prinzipien in seine Umgebung zu integrieren. Bedingt durch die Topografie des Areals in Kombination mit RĂŒckbau und Neubau von GebĂ€uden entsteht eine gut ablesbare zweiteilige Zonierung. Sie dient als Grundlage fĂŒr die Neugestaltung des Gartens. Im oberen Bereich umgeben vom Ensemble bestehender Bauten werden kleinteiligere, intimere GĂ€rten geschaffen, mit Wegen, die der Ăffentlichkeit den Durchgang zu den angrenzenden Strassen erlauben. Der untere Bereich wird zu einer grosszĂŒgigen offenen GartenflĂ€che, in die die neue Zahnklinik eingebettet ist. Sie bietet Mitarbeitenden und Anwohnern FlĂ€chen zum Spazieren, Picknicken oder Spielen, ganz im Sinne eines Quartierparks als PhĂ€nomen, das die LebensqualitĂ€t ZĂŒrichs mitbestimmt. Dazwischen vermittelt die «Gasse», der eingeschnittene, offene Hof zwischen Labor und Zahnklinik, als Aussenbereich des CafĂ©s und Ort des informellen Austauschs zwischen allen Mitarbeitenden des Instituts aus Klinik, Forschung und Lehre.
Vegetation
Das Prinzip des Aboretums als Baumsammlung wird auf das Projekt ĂŒbertragen und weitergedacht. Statt mĂ€chtiger SolitĂ€rbĂ€ume ergĂ€nzen kleine Baumhaine aus lichten Baumarten (Judasbaum, Eisenholzbaum, Lebkuchenbaum, Linde) sowie mehrstĂ€mmige GrossstrĂ€ucher (Kirsche, Hartriegel und Ahorn) die bestehende Sammlung. Punktuelle Baumsetzungen und grössere, offene FlĂ€chen gewĂ€hrleisten den Fluss von Kalt-/Frischluft durch das Quartier und weiter Richtung Stadtzentrum.
Topografie
Neben der Baumebene prĂ€gt vor allem die ausgeprĂ€gte Topografie, die Höhendifferenz von mehr als 8 Metern das Areal. Auf sie wird im Freiraum durch eine Mischung aus geschwungenen Wegen und Treppenanlagen mit Sitzstufen aus Naturstein sowie Rasenstufen reagiert. Die wechselnden Breiten der Ebenen dienen dazu, den Höhenunterschied zu ĂŒberwinden und bieten gleichzeitig unterschiedliche FlĂ€chen fĂŒr vielfĂ€ltige Formen des Aufenthalts im Freien.
Choreografie und Materialisierung
Die baulichen VerĂ€nderungen ermöglichen es, das Areal zu öffnen und es ganz selbstverstĂ€ndlich Teil des Quartiers werden zu lassen. Neben dem Zugang mit Vorfahrt im Westen, verbinden verschiedene, öffentlich nutzbare Wege durch das Areal die Steinwiesstrasse im SĂŒden mit der Pestalozzistrasse im Westen und der Spiegelhofstrasse im Osten. Vorfahrt und Wege orientieren sich im Verlauf an der Formensprache der stilisierten Höhenlinien. Ebenso wie bei der Baumsammlung liegt der Entscheidung fĂŒr den Belag das Interesse zugrunde, sich an Vorbildern aus dem direkten Umfeld zu orientieren: das Natursteinpflaster der zeremoniellen Vorfahrten zu den Stadtvillen wird hier als Teppich in einheitlichem Material, jedoch je nach Funktion variierender Bauweise eingefĂŒhrt. WĂ€hrend der Naturstein im Bereich der Vorfahrt und der GebĂ€udezugĂ€nge als gesĂ€gtes Material in gebundener Bauweise die Befahrbarkeit und Barrierefreiheit gewĂ€hrleistet, sind die weiteren FlĂ€chen um den Hauptbau und die Altbauten zur Erhöhung der Regenwasserversickerung in ungebundener Bauweise vorgesehen. Die neu geschaffenen Ebenen, mit denen die Topografie terrassiert wird, sind ebenfalls teilweise gepflastert, aber mit Rasenfugen durchsetzt. Die ĂŒbrigen FlĂ€chen werden im Sinne eines Parkrasens extensiv gepflegt.
Nutzung
Die aufgeweiteten Ebenen der Terrassierung bilden EntrĂ©es zu GebĂ€uden, bieten Platz fĂŒr GĂ€rten oder schaffen Orte fĂŒr SitzplĂ€tze. Je nach Breite bieten sie sich fĂŒr grössere oder kleinere Gruppen an. Mitarbeitende, Patienten, Besucher und Anwohner können sich je nach individuellem Bedarf an diesen Orten treffen, oder auch zurĂŒckziehen. Die Pause im Freien wird ebenso ermöglicht wie Besprechungen oder individuelle Arbeit am Laptop an geschĂŒtztem Ort. Neben BĂ€nken ermöglicht eine freie Bestuhlung die vielfĂ€ltige Nutzung. Im Zusammenspiel der verschiedenen Gestaltungselemente entsteht ein Freiraum, der durch die gestalterische und funktionale Ăberlagerung den verschiedenen Anforderungen von universitĂ€rer und medizinischer Nutzung, Wohnen und Quartier gerecht wird. Das Aboretum bietet sowohl dem ZZM als auch dem Quartier attraktive Aufenthaltsbereiche und neue Verbindungen â nicht als isolierte Insel im StadtgefĂŒge, sondern als Teil des Quartiers.