Das Hotel Hermitage liegt am Ende der Luzerner Bucht, eingebettet in eine spektakulĂ€re Landschaft direkt am VierwaldstĂ€tter See. Die Lage am See und der Bezug zur Stadt machen diesen Ort einzigartig. Das vorliegende Konzept ist deshalb in erster Linie ein Vorschlag fĂŒr die Schaffung eines öffentlichen, grĂŒnen Raumes am Ăbergang zwischen Stadt und Land und der StĂ€rkung der Verbindung zwischen See und Strasse.
Das Hermitage Areal besteht aus zwei Teilen; dem Hauptstandort mit dem Hotel Hermitage am Ufer des Sees und dem heutigen Bellevue an der Seeburgstrasse. Der Hauptstandort am See ist geprÀgt von unterschiedlichen GebÀudeteilen aus verschiedenen Epochen und wirkt in seiner Erscheinung sehr heterogen. Es stehen historisch wertvolle, kleinmassstÀbliche Strukturen wie Scheune, Badeanlage und Bootshaus in direkter Nachbarschaft zu den funktional geprÀgten Hotelbauten. Das Hotel Hermitage soll erneuert, verdichtet und zu einem harmonischen, prÀgenden Bauwerk zusammengefasst werden, das sich auf die Tradition der grossen Grandhotels am VierwaldstÀtter See berufen kann und seiner einzigartigen Lage gerecht wird.
Eine neue, grosse und öffentliche Eingangshalle an der Stelle der heutigen Terrasse verbindet die beiden bestehenden Bauten in der Mitte. Diese vereint die derzeit getrennten GebĂ€ude zu einem Ensemble mit zwei FlĂŒgeln. Das gesamte Ensemble wird um je ein Voll-Geschoss und ein Attika-Geschoss erweitert. FĂŒr die zusĂ€tzlichen Ebenen ist eine leichte Holzkonstruktion angedacht. ZusĂ€tzlich werden die Fassaden der bestehenden GebĂ€ude darunter mit einer filigranen Holzstruktur ĂŒberzogen und seeseitig durch das HinzufĂŒgen einer Schicht aus Holzbalkonen aufgewertet und optisch verbunden. Die hohe, gewölbte Eingangshalle ermöglicht Ausblicke von der Strasse auf den See und den Pilatus. Sie schafft nicht nur einen starken visuellen Bezug zur Landschaft, sondern darĂŒber hinaus auch eine direkte Verbindung von der SeeburgstraĂe zum See und dem öffentlichen Bootsanleger.
Der Entscheid, eine höhere Ausnutzung des Areals mittels Erweiterung und Aufstockung des Bestandes zu erzielen («Bauen auf Gebautem»), wirkt der zusĂ€tzlichen Versiegelung von BodenflĂ€chen entgegen und bietet stattdessen Raum fĂŒr qualitĂ€tvolle FreiflĂ€chen. Eine direkte Verbindung zwischen Strasse, Wanderweg und See entsteht durch die Ăberdeckelung und BegrĂŒnung des bestehenden Parkfeldes und schafft so zusĂ€tzliche Möglichkeiten fĂŒr halb-öffentliche ParkflĂ€chen. Die zusĂ€tzliche BegrĂŒnung der Seeburgstrasse als Fortsetzung der angrenzenden GrĂŒnzĂŒge hilft, das Areal in der Landschaft zu verankern. Die Bepflanzung knĂŒpft an die vorherrschenden Typologien an und gliedert den Strassenraum in den bestehenden landschaftlichen Kontext ein.
Eine neue WohnĂŒberbauung mit Einstellhalle an der Stelle des bestehenden Hotel Bellevue auf der anderen Strassenseite bildet die zweite Erweiterung. Das schlanke HolzgebĂ€ude steht von der Strasse zurĂŒckversetzt am HĂŒgel, eingebettet in den neu geschaffenen GrĂŒnzug. Wie beim Hotel ist das GebĂ€ude mit hölzernen Loggien versehen, die auf den See ausgerichtet sind. Die angrenzende Aufweitung des Strassenraumes mit dem Vorbereich der neuen WohnĂŒberbauung schafft ein rĂ€umliches GegenĂŒber zur Vorfahrt des Hotels und der grossen Eingangshalle, so dass beide Bauten in Bezug zueinander treten und einen belebten Strassenraum am Eingang / Ausgang der Stadt bilden.
Es entsteht ein architektonisches und landschaftliches Gesamtkonzept, das in der Einzigartigkeit des Ortes wurzelt. An dem Ăbergang von Stadt und Land liegend, ist das neue Hotelensemble inspiriert von der Typologie der Luzerner Grandhotels, bezieht sich aber gleichzeitig auf die Holzbauweise der auf dem GrundstĂŒck befindlichen historischen Bauten, sowie der umliegenden lĂ€ndlichen Architekturen der Innerschweiz. Es integriert diese in einem einzigartigem GrĂŒnraum zu einem harmonischen Ganzen.
Renovierung
Die Realisierung des Richtprojektes wird sich ĂŒber viele Jahre erstrecken und in Etappen erfolgen. In einem ersten Schritt wurden die Hotelzimmer und der Eingangsbereich des HauptgebĂ€udes renoviert. Der Hauptzugang zum Hotel wird im Richtprojekt an verĂ€nderter Stelle sein. Der Eingangsbereich ist daher ein temporĂ€rer Umbau, der mit rĂ€umlich eng definierten Eingriffen als «Pop-up» konzipiert wurde. Die Korridore zu den Zimmern werden erst in einer spĂ€teren Phase umgestaltet und erfahren daher heute lediglich minimale Eingriffe. Die 20 Hotelzimmer hingegen wurden komplett ĂŒberarbeitet und bleiben auch in den nĂ€chsten Phasen bestehen. Diese markieren bereits die ersten Massnahmen, die im Rahmen des Richtprojektes umgesetzt wurden.
Pop-up Wohnzimmer
Der Eingangsbereich, die Lobby und die Bar werden als temporĂ€re Intervention in den bestehenden Raum «eingeschoben». Alle vorherigen Einbauten wurden entfernt, einfache HolztĂ€felungen und VorhĂ€nge unterstĂŒtzen den Charakter einer Installation auf Zeit. Insbesondere die VorhĂ€nge schaffen bewusste ĂbergĂ€nge und trennen Eingangsbereich und Lobby von jenen Bereichen ab, die nicht ĂŒberarbeitet wurden. Sie schaffen einen neuen Raum, umhĂŒllen und inszenieren ihn, und heben ihn inmitten der bestehenden Raumfolgen hervor. Unmittelbar nach Betreten des Hauses öffnet sich der Raum zur Landschaft hin, ankommende GĂ€ste werden mit Blick auf den See empfangen. Einem grossen Wohnzimmer Ă€hnlich, bietet die angrenzende Lobby Sitzmöglichkeiten mit öffentlicheren und intimeren Bereichen. Eine lange Bar bildet das RĂŒckgrat der Lobby und bildet den Rahmen fĂŒr unterschiedliche AktivitĂ€ten ĂŒber den Tag. Die starke Farbigkeit der roten VorhĂ€nge, der MöbelbezĂŒge und der Bar verleihen dem Wohnzimmer etwas theatralisches. Es wird zur «BĂŒhne», auf der das Naturschauspiel vor dem Fenster inszeniert wird. PrĂ€zise gesetzte Spiegel vervielfachen die Landschaft und lassen sie an jedem Ort erlebbar werden. Eichenparkett, kombiniert mit hochflorigen Leinenteppichen schaffen eine behagliche WĂ€rme.
Hotelzimmer
Die bestehende Struktur so effizient wie möglich zu transformieren, ohne das GebÀude strukturell zu verÀndern, war ein wesentliches Anliegen bei der Renovierung der Zimmer. Ihre Abmessung, die prinzipielle Ausrichtung und die Lage der BÀder blieben dabei erhalten.
Die Zimmer sind konzipiert wie kleine Suiten, mit klar definierten Zonen fĂŒr Wohnbereich, Schlafbereich, Bad und Balkon. Die rĂ€umliche Optimierung des Badezimmers und die abgerundete Wandecke ermöglichen bereits beim Betreten des Zimmers einen Blick in die Natur. Der Raum öffnet sich durch eine grosszĂŒgige, weich gepolsterte Sitzecke mit integriertem Bettsofa, Garderobe und Kleiderschrank. Das satte GrĂŒn im Wohnbereich bildet einen starken Konterpart zu den hellen Tönen des Schlafbereiches und wirkt wie eine «Camera Obscura». Die dunkelgrĂŒne Stoffbespannung der WĂ€nde findet in den VorhĂ€ngen des Schlafbereiches ihre Entsprechung. Der wichtigste Ort im Zimmer, das Bett, wird neu im vorderen Bereich mit Blick auf den Pilatus und den See platziert. Ăhnlich einem Kokon können VorhĂ€nge um das Bett gezogen werden oder zur Landschaft hin geöffnet bleiben. Der leichte Glanz der PutzoberflĂ€chen bekommt durch das Streiflicht und die wechselnden Himmelsfarben eine besondere Lebendigkeit. Sorgsam platzierte Spiegel machen die Landschaft noch gegenwĂ€rtiger. Das Bad ist direkt mit dem Zimmer verbunden und gleichzeitig mit dem Aussenraum. Auch in der Dusche stehend, sieht man die Berge und den See. Ein leicht glĂ€nzender Plattenbelag, dessen langgestreckte Form und heller Farbton die Rundung der Wand weich nachzeichnen, reflektiert sanft die Landschaft. Die Elemente des Badezimmers wie Waschtischunterbau, Spiegel und Tablare sind als Möbel konzipiert und in Eichenholz ausformuliert.
Alle Materialien beziehen sich explizit auf den Ort und die Natur. Die weissen Textilien von Vorhang, BettĂŒberwurf und Teppich sorgen gemeinsam mit dem Eichenholzparkett und den Kaktusteppichen fĂŒr eine ruhige Grundstimmung. Hierzu trĂ€gt auch die aufeinander abgestimmte, weiche Formensprache bei, die sich in der Raumgeometrie und den Einbauten bis hin zu Spiegel und TĂŒrknauf manifestiert und auch im Bad ihre Entsprechung findet. Die harmonischen Formen der Eichenholzmöbel schaffen eine Behaglichkeit des Vertrauten, ein Zuhause auf Zeit. Eine natĂŒrliche Farbigkeit und handwerkliche Techniken sind Ausdruck von Luxus und WertschĂ€tzung. Der gesamte Raum wirkt umhĂŒllend und leicht zugleich â fĂŒr Sommer und Winter, fĂŒr jede Jahreszeit.
Herzog & de Meuron, 2022