Zu Beginn des Prozesses hielt Carlo eine sehr beeindruckende Rede ĂŒber seine âTerra Madreâ-Bewegung in allen Teilen dieser Erde. Die Weltausstellung sollte die ganze Schönheit der Agrarlandschaften dieses Planeten in den Vordergrund stellen, aber auch all die Herausforderungen, die mit Ăberbevölkerung, DĂŒrre, DĂŒngung, Industrialisierung und Patentfragen fĂŒr Saatgut durch multinationale Agrarunternehmen aufkommen.
Im Sommer 2009 prĂ€sentierten wir dem Bureau International des Expositions unser Konzept fĂŒr den Masterplan, welches wir gemeinsam mit Stefano Boeri, Ricky Burdett und William McDonough entwickelt hatten. Als Referenz fĂŒr unseren konzeptionellen Masterplan haben wir das der antiken römischen Stadt zugrundeliegende Modell des orthogonalen Rastersystems mit den beiden Hauptachsen Cardo und Decumanus herangezogen. Wir haben uns fĂŒr dieses zeitlose Raster auf Grund seiner generischen Offenheit und seiner AffinitĂ€t zur âIdealen Stadtâ entschieden. Seine starke und einfache orthogonale Geometrie wĂŒrde alle Teilnehmer von formalen architektonischen ZwĂ€ngen befreien und Ihnen die Möglichkeit geben, den Fokus auf den tatsĂ€chlichen Inhalt des Themas âFeeding the Planet, Energie for Lifeâ zu legen. Wir schlugen vor, alle teilnehmenden LĂ€nder darin zu bestĂ€rken, die Idee von individuell gestalteten architektonischen Pavillons aufzugeben und stattdessen ihre nationalen Agrarlandschaften und GĂ€rten in einfachen, von den Organisatoren zur VerfĂŒgung gestellten Pavillon-Strukturen zu prĂ€sentieren.
Ein solches Konzept wĂŒrde allen Teilnehmern einen gleichwertigen Beitrag entlang eines grosszĂŒgigen Boulevards ermöglichen. Keiner der Pavillons wĂŒrde die anderen dominieren, keiner wĂŒrde uns durch seine eigenartigen Design Ambitionen langweilen oder vom wesentlichen Inhalt, formuliert in der Nachricht âFeeding the Planet, Energy for Lifeâ, ablenken. Der Boulevard, der die Pavillons der teilnehmenden Nationen im wahrsten Sinne des Wortes verbindet, wĂ€re ein grosser, planetarischer Garten mit einem langen Tisch, der sich ĂŒber die volle LĂ€nge des Expo GelĂ€ndes ausdehnt. Dieser Tisch, inspiriert von Leonardos âLetztem Abendmahlâ wĂ€re ein Ort fĂŒr Veranstaltungen, wo Menschen sich treffen und zusammen kommen können, symbolisch ein planetarischer Tisch fĂŒr alle Teilnehmer.
Die Veranstalter haben unseren konzeptionellen Plan mit seiner geometrischen Strenge angenommen, jedoch fĂŒhlten wir uns anschliessend nicht unterstĂŒtzt, als es darum ging, an die teilnehmenden LĂ€nder heranzutreten und diese von unserem radikalen Ansatz fĂŒr die nationalen Pavillons zu ĂŒberzeugen. Es war im Jahr 2011, als wir begriffen, dass unsere Hoffnung einer Neukonzeption der Weltausstellung fĂŒr das 21. Jahrhundert gescheitert war und letztendlich lediglich der geometrische Raster unseres Konzepts realisiert werden wĂŒrde.
Herzog & de Meuron, 2014