Herzog & de Meuron Basel Ltd.
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Die neuen Häuser sollen die gleiche Stelle einnehmen wie die “alten” Häuser der Siedlung Pulvermühleweg. Weshalb auch die neuen Häuser woanders hinstellen als die bisherigen? Gibt es eine zwingende Logik, welche eine andere Platzierung der neuen Gebäude selbstverständlicher oder ökonomischer oder gar ökologisch sinnvoller erscheinen liesse? Gibt es gar eine städtebauliche Tradition an diesem Ort, welche eine bestimmte Typologie wie etwa eine Blockrandbebauung oder eine geometrisierte Siedlungsstruktur wie in einer der angrenzenden Siedlungen in Haselhorst erfordern würde? Die städtebauliche Lösung für diesen Ort ist tatsächlich nahe liegend. Sie ist durch die bestehende Siedlung Pulvermühle vorgezeichnet. Dort wo der Boden bereits durch Gebäude belegt ist, sollen auch die neuen Gebäude entstehen, mit der gleichen Selbstverständlichkeit der fast zufällig wirkenden Anordnung, mit der leicht verschobenen Linearität und ihrer fliessenden zwischenräumlichen Qualität, mit ihrer idealen, beinahe west-ostorientierten Wohnanlage!
Die architektonische Gestalt der Häuser und der fliessende Zwischenraum zwischen den Häusern sind eng aufeinander bezogen. Der vorgeschlagene Haustyp ist auf diesen Zwischenraum hin konzipiert. Die Gebäude bilden keine Aussen-Innen abtrennende, traditionelle Mauerstruktur, sondern eine Art Konglomerat aus Kernen, um die herum sich der Wohnraum fliessend organisiert und zum Aussenraum, d.h. zum Zwischenraum zwischen den Häusern hin öffnet. Diese Gebäudekerne aus Backstein (für Küchen und Bäder) oder aus eingefärbtem Beton ( für die Treppenhäuser) wirken dank ihrer Vertikalität wie Türme inmitten der zahllosen Bäume, Erlen, Robinien und Birken, die beinahe vollständig erhalten bleiben und den Raum zwischen den Häusern prägen werden. Bei näherem Hinsehen erweist sich die Selbstverständlichkeit, mit welcher die Häuser den Zwischenraum definieren (und umgekehrt der Zwischenraum die Häuser strukturiert) keineswegs als zufällige Verlegenheitslösung, sondern als planerische Qualität: es entsteht ein Stück Stadt , dicht bebaut mit Wohnungen und Büros, mit Gewerbe und Läden und dennoch mit einer fliessenden, offenen Anordnung der Baukörper, wie hingespült oder leicht bewegt durch die sanfte Strömung des nahen Wassers?
Herzog & de Meuron, 1996
Simone Hain: “Berlino. Un Laboratorio per la Periferia. New Cities. Toward the Development of the Periphery of Berlin.” In: Vittorio Gregotti (Ed.). “Casabella. Rivista Internazionale di Architettura. International Architectural Review.” Vol. No. 595, Milan, Elemond Periodici, 11.1992. pp. 40-51.